Mit Euro 6 ist der Turbolader nicht mehr nur ein Leistungsverstärker für den Motor. In den Lkw von DAF XF (PACCAR MX11/MX13) und Scania (DC13, DC16) sind die Turbolader HE400VG und HE500VG von Holset zu einem der wichtigsten Werkzeuge zur Emissionskontrolle geworden. Die variable Turbinengeometrie (VTG) ermöglicht nicht nur die Regelung des Ladedrucks, sondern auch die Unterstützung von DPF-Regenerationsprozessen und die Optimierung der Abgastemperatur für das SCR-System.
Auf dem Papier ist die Lösung hervorragend. In der Praxis sehen sich Fuhrparks und Werkstätten jedoch mit einem immer wiederkehrenden Problem konfrontiert: Bei Kälte arbeitet die Turbine einwandfrei, bei Hitze beginnt sie zu blockieren. Die Folge sind Fehler im VTG-Stellantrieb, Motorausfälle und eine unzureichende DPF-Regeneration.
VTG – Elektronik versus Mechanik
Es lohnt sich, zwei Komponenten voneinander zu trennen, die umgangssprachlich oft in einen Topf geworfen werden:
- Das VTG (Aktuator, elektronischer Teil) – ist ein Modul, das mit der Turbine verschraubt ist. Der Elektromotor stellt die Position des Hebels ein, und ein Sensor meldet seine Position an das Steuergerät. Dieser kommuniziert mit dem Fahrzeugcomputer.
- Turbine (mechanischer Teil) – Einheitsring und eine Reihe beweglicher Schaufeln, die den Abgasstrom regulieren. Sie sind es, die die Betriebsbedingungen der Turbine realistisch verändern.
In der Theorie sieht es einfach aus: Das Steuergerät stellt z. B. 60 % Öffnung ein, der Stellantrieb bewegt sich in diese Position und die Turbinenschaufeln ändern ihren Winkel. In der Praxis kommt es oft zu einer Weiche: Das Steuergerät stellt 60 % ein, der Aktuator meldet 100 %, und die Turbinenmechanik verändert sich überhaupt nicht.
Kalte vs. heiße Turbine – Symptome in der Praxis
Einer der wichtigsten diagnostischen Anhaltspunkte ist das unterschiedliche Verhalten der Turbine in Abhängigkeit von der Motortemperatur:
- Bei einem kalten Motor bewegen sich die Schaufeln reibungslos, die VTG-Positionstests sind erfolgreich, keine Fehler. Der Fahrer bemerkt das Problem nicht.
- Bei einem heißen Motor (EGT 500-600°C und darüber) dehnt sich das Metall thermisch aus, und die Kohlenstoffablagerungen am Gleichlaufring „quellen“ auf. Dann beginnen die Schaufeln zu blockieren. Der VTG-Einsteller läuft bis zum Ende des Bereichs (100%), aber die Turbine reagiert nicht. Die ECU registriert die Weiche und meldet einen Fehler – bei DAF als U1052, bei Scania als „actuator out of range“ oder ähnlich.
Dies erklärt, warum das Problem oft nur unter Last auf der Straße auftritt und nicht bei einem kurzen Test im Stillstand.

Die Rolle der DPF-, EGR- und NOx-Sensoren bei Turbinenausfällen
Bei Euro-6-Fahrzeugen arbeitet die Holset-Turbine nicht im Vakuum – ihre Lebensdauer hängt vom Zustand des gesamten Abgassystems ab.
- DPF (Dieselpartikelfilter) – Bei der Regeneration wird dem Abgas zusätzlicher Kraftstoff zugeführt, um die Temperatur auf 600-700°C zu erhöhen. Bei häufigen oder unvollständigen Regenerationen verbrennt der Kraftstoff teilweise in der Turbine und bildet eine Kohlenstoffschicht auf den Schaufeln. Dies führt im Laufe der Zeit zu einem Verklemmen der Geometrie.
- AGR (Abgasrückführung) – Wenn das AGR-Ventil nicht funktioniert, trifft das Abgas mit einer höheren Temperatur auf die Turbine. Dies beschleunigt den Verschleiß der mechanischen Komponenten der VTG und erhöht die Gefahr des Verklemmens.
- NOx-Sensoren – Eine Fehleinschätzung des Sensors vor dem Katalysator führt zu einer falschen Kraftstoffdosierung und instabilen Verbrennungsbedingungen. Die Folge sind übermäßig hohe Abgastemperaturen und eine weitere Belastung der Turbine.
In einem Diagnosebericht eines DAF XF Euro 6 sehen wir ein perfektes Beispiel: Ruß ~55% bei Δp 0,038 mbar, EGR = 0%, NOx upstream = 0 ppm (Fehler), keine aktive DPF-Regeneration. Dies ist eine Umgebung, in der die Turbine dazu verdammt ist, Kohlenstoff anzusammeln und die VTG zu blockieren.
Auswirkungen für Fuhrparks und Werkstätten
- Motorschutzmodus – reduziertes Drehmoment, erhöhte Verbrennung.
- Fehlende erfolgreiche DPF-Abbrände – Risiko von Filterverstopfungen und kostspieligen Ausfällen.
- Fehldiagnose – Austausch des VTG-Stellglieds, obwohl die Mechanik der Turbine schuld daran ist.
- Kosten – der Austausch der gesamten Turbine verursacht Kosten in Höhe von mehreren tausend Zloty. Eine genaue Diagnose und Regenerierung der Mechanik spart einen großen Teil dieser Kosten.
Schlussfolgerungen für den Service
Aus der Analyse der Fälle von DAF und Scania lassen sich einige wichtige Schlussfolgerungen ziehen:
- Ein Aktuatorfehler bedeutet nicht immer einen Ausfall der Elektronik. In den meisten Fällen ist eine verkrümmte Turbinengeometrie die Ursache.
- Die Diagnose muss in zwei Schritten erfolgen: elektronischer Test (DAVIE, SDP3) + mechanische Prüfung (Turbinenhebel nach Ausbau des Aktuators).
- Das Abgassystem wirkt sich direkt auf die Lebensdauer der Turbine aus – ein defekter DPF, EGR oder NOx ist ein einfacher Weg zum vorzeitigen Ausfall der VTG.
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Regenerierter VGT/VTG-Aktuator HOLSET HE200VG für DAF, 1710831
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FAQ – die häufigsten Fragen
1. Ist es möglich, mit einem VTG-Stellgliedfehler zu fahren?
Das ist nicht empfehlenswert. Der Motor läuft im Schutzmodus, die Verbrennung nimmt zu, und der DPF feuert nicht richtig. Wenn Sie weiterfahren, besteht die Gefahr, dass der Filter verstopft und der Turbolader beschädigt wird.
2. Lässt sich das Problem durch den Austausch des VTG-Stellglieds lösen?
Selten. Wenn die Mechanik der Turbine blockiert ist, wird auch der neue Aktuator „am Ende ankommen“ und die ECU wird erneut den Fehler protokollieren. Prüfen Sie immer, ob sich der Turbinenhebel leichtgängig bewegt.
3. Nach wie vielen Kilometern muss die Holset HE400VG/HE500VG Turbine überholt werden?
Holset gibt keine offiziellen Intervalle an. In der Praxis hält die Turbine bei ordnungsgemäßem DPF/EGR-Betrieb 500-700 Tausend Kilometer. Bei fehlerhaften Abgassystemen können bereits nach 300-400 Tausend Kilometern Probleme auftreten.
4. Was sind die Symptome für eine verstellte VTG-Geometrie?
Fehlende Leistung unter Last, Eintritt in den Störungsmodus, Überschreitung der VTG-Werte (Soll 60%, Ist 100%), häufige Stellgliedfehler.
Zusammenfassung
Die Holset HE400VG- und HE500VG-Turbinen sind fortschrittliche und langlebige Konstruktionen, die jedoch in DAF- und Scania-Euro-6-Fahrzeugen in einer sehr anspruchsvollen Umgebung arbeiten. Hohe Abgastemperaturen, defekte DPF-, EGR- und NOx-Sensoren führen zur Ablagerung von Kohlenstoff, der die Mechanik der variablen Geometrie blockiert.
Fehler wie U1052 bei DAF oder „Aktuator außerhalb des Bereichs“ bei Scania sind in den meisten Fällen keine elektronischen Fehler, sondern das Ergebnis von heißem Turbotrimmen. Eine genaue Diagnose und Instandsetzung der Mechanik vermeidet kostspielige Fehler und verlängert die Lebensdauer des gesamten Emissionssystems.







